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Menschen, das Magazin...

in Alles, was sonst nirgendwo passt... :) 19.12.2011 07:35
von Amelie • 66 Beiträge

http://www.menschen-das-magazin.de/

U. a. mit dem Thema:
Zwischen 1940 und 1942 ermordeten deutsche Ärzte und Pfleger mehr als 70.000 Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung. Nach wie vor fehlt ein würdevoller Ort des Gedenkens an dieses Kapitel der deutschen Psychiatrie. Seine Aufarbeitung hat vor Kurzem erst begonnen.

Schon als Kind hat Barbara Stellbrink-Kesy gespürt, dass es ein Geheimnis in der Familie gibt. „Der Name Irmgard fiel immer nur in Andeutungen, keiner wollte darüber sprechen“, erzählt die 59-Jährige. Als die pensionierte Lehrerin das Haus ihrer verstorbenen Eltern aufräumt, stößt sie auf einen Schrank mit doppeltem Boden. Jahrelang hat ihr Vater hier die Briefe seiner Tante Irmgard versteckt gehalten. „Ich glaube, er wollte, dass ich die Briefe finde. Dass ich etwas ans Licht bringe, was er sich zu hinterfragen nicht getraut hatte.“
Barbara Stellbrink-Kesy beginnt nach ihrer Großtante Irmgard Heiss zu forschen. Langsam entsteht das Bild einer jungen Frau aus gutbürgerlicher Familie, die in der Zeit zwischen den Weltkriegen versucht, ihren eigenen Weg zu gehen, und „letztendlich scheitert“, so Barbara Stellbrink-Kesy. 1917 zieht Irmgard Heiss als 20-Jährige von Detmold nach Berlin. Sie heiratet „unter Stande“, einen Bergarbeiter. Doch ihr Mann landet einige Jahre später im Gefängnis, die Ehe zerbricht. Irmgard Heiss versucht, sich und die Kinder alleine durchzubringen. Die Familie hungert, die junge Frau hält der Belastung nicht stand. Verstört kehrt sie ins Elternhaus zurück. Nach der Geburt eines dritten, unehelichen Kindes 1926 gerät Irmgard Heiss endgültig aus dem Gleichgewicht. Das Kind wird ihr weggenommen, sie kommt in die Heilanstalt Lindenhaus.

Die Ärzte halten sie aber nicht für geisteskrank, sondern diagnostizieren „Parasitismus socialis“ mit einer Neigung „zu sexuellen Ausschweifungen und Eigentumsvergehen“. In ihrer Krankenakte notiert 1926 der Kreisarzt: „Bei ihrer charakterlichen Schwäche, ihrem unmoralischen Lebenswandel, wird sie über kurz oder lang wieder mit dem Strafgesetzbuch in Konflikt kommen. Nur deswegen halte ich mich für verpflichtet, sie als soziales Element aus der Gesellschaft auszuschließen.“ Auch die Eltern drängen die Ärzte, ihre Tochter nicht zu entlassen. Irmgard Heiss bleibt für den Rest ihres Lebens in Heilanstalten und gerät somit in die nationalsozialistische Vernichtungsindustrie. Im Juli 1933 erließen die Nationalsozialisten das Gesetz zur „Verhütung erbkranken Nachwuchses“. Ärzte wurden dazu verpflichtet, diese sogenannten Erbkranken zu melden. Darunter fielen Diagnosen wie etwa Schwachsinn, Schizophrenie, Blindheit, Taubheit oder Alkoholismus. Fast 400.000 Menschen sollten auf der Grundlage dieses Gesetzes zwangssterilisiert werden, rund 6.000 starben bei dem Eingriff. Auch Irmgard Heiss wurde 1934 dem Kreisarzt zur Sterilisierung gemeldet.


zuletzt bearbeitet 19.12.2011 07:36 | nach oben springen

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