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Betreuung droht, nicht verlängert zu werden. Wer weiß Rat?

in Ambulante Betreuung 06.08.2017 18:05
von Solarstern • 1 Beitrag

Hallo,

ich bin weiblich,52 Jahre und habe eine chronische depressive Erkrankung. Meine Betreuung, die zunächst vorläufig eingerichtet wurde für 6 Monate, droht, nicht verlängert zu werden.

Gemeinsam mit dem Gesundheitsamt beantragte ich im Dezember 2016 eine Betreuung für rechtliche Angelegenheiten.
Eine Dame vom Gesundheitsamt kennzeichnete den Betreuungsantrag als Eilantrag, weil ich damals eine Kündigung des Mietverhältnisses erhalten hatte (Eigenbedarf). Dem Antrag legten wir zwei ärztliche Bescheinigungen bei, eine in der es hieß "Depressionen" und eine mit "Depressionen, innere Leere, Gewichtsverlust, 48 kg bei 1,61 m Körpergröße". Dazu habe ich eine Krebserkrankung, einen Brusttumor, der auf Alternativmethoden so gut anspricht, dass er Tumor sich langsam, aber stetig zurückentwickelt. Der Rückbildungsprozess zieht sich wiederum Jahre hin.

Der Beschluss fiel sehr rasch, nach zwei Wochen. Ich gebe die Begründung vom Richter wörtlich wieder:

"In der Betreuungssache betreffend Roobarb hat das Amtsgericht XXX im Wege der einstweiligen Anordnung beschlossen:
Rechtsanwältin YYY wird zur vorläufigen Betreuerin bestellt. Sie übt das Amt berufsmäßig aus.

Der Aufgabenkreis der vorläufigen Betreuerin umfasst:
* Wohnangelegenheiten
* Rechts- / Antrags- und Behördenangelegenheiten einschließlich Vertretung vor Gericht

Die vorläufige Bestellung endet nach Ablauf von sechs Monaten. Die Entscheidung ist sofort wirksam.

Gründe:
Es bestehen dringende Gründe für die Annahme, dass es erforderlich ist, für Roobarb eine vorläufige Betreuerin mit dem oben beschriebenen Aufgabenkreis zu bestellen, weil sie aufgrund einer Krankheit bzw. Behinderung im Sinne von § 1896 Abs. 1 BGB nicht in der Lage ist, die Angelegenheiten selbst zu besorgen. Da mit einem Aufschub Gefahr für die Betroffene verbunden ist, ist die Betreuerbestellung für den oben beschriebenen Aufgabenkreis bereits jetzt erforderlich.

Das folgt aus dem ärztlichen Zeugnis des Sachverständigen Herrn Dr. ZZZ. (mein Hausarzt wurde zu einem Gutachten aufgefordert, die 3. )

Daraus ergibt sich die Diagnose: depressive Erkrankung

Die Notwendigkeit der vorläufigen Betreuerbestellung wird durch die Anhörung der Betroffenen und den unmittelbaren Eindruck des Gerichts, den es sich in der üblichen Umgebung der Betroffenen verschafft hat, bestätigt.

Es besteht ein dringendes Bedürfnis für den Erlass dieser einstweiligen Anordnung.

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Die neue Betreuerin war leider chaotisch. Nur ein Beispiel: Ich wollte ein Gewaltschutzverfahren gegen die Vermieterin versuchen, weil sie mit mir in einer kleinen Wohnung wohnte und mehrmals gedroht hatte, meine Katze zu töten, wenn ich nicht in den nächsten Wochen ausziehe. Dafür gab es eine Zeugin. Die Betreuerin riet mir ab. Dabei zeigte sich aber, dass sie die eidesstattliche Versicherung von der Zeugin nicht gefunden hatte. Diese steckte hinter dem Antrag und sie war auch im Antrag erwähnt.

Ich stellte einen Antrag auf Betreuerwechsel.

Der Richter ließ sich mit der Antwort zwei Monate Zeit.Die Antwort vom Gericht war eine Unterstellung und ein Schock für mich:

"Inzwischen liegt mir die Stellungnahme ihres Betreuers zu Ihrem Antrag auf Betreuerwechsel vor. Sinn der Einrichtung einer Betreuung ist nicht, dem Betroffenen eine kostenlose und umfassende anwaltliche Vertretung, die den eigenen Wünschen entspricht, zu ermöglichen. Es ist daher beabsichtigt, die Betreuung insgesamt aufzuheben. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen."

Ich antwortete darauf. Und ich legte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei, weil ich dachte, dass das vorteilhaft sei. Das Gutachten war in Auftrag gegeben von der Deutschen Rentenversicherung zur Feststellung meiner Arbeitsfähigkeit. Das Gutachten weist mich als nahezu arbeitsunfähig aus mit einer Belastbarkeit von unter drei Stunden pro Woche.

Ich zitiere daraus:
"bei der Versicherten bestehen seit der Adoleszent überwiegend mittelgradig bis schwer ausgeprägte depressive Symptome, sie habe sich bereits als Jugendliche Psychotherapien unterzogen, in der Folgezeit bis etwa 1996/1997 ambulante psychotherapeutische Behandlungen sowie stationär-psychiatrische psychotherapeutische Behandlungen und in der Folgezeit bis etwa 2006 ambulante psychiatrische Behandlung. Keine dieser Maßnahmen habe jemals die Symptomatik bessern können, sodass sie inzwischen keine fachärztliche Behandlung mehr in Anspruch nehme, sondern lediglich eine ambulante medikamentöse Behandlung mit 30 mg Citalopram täglich. Es bestünden fortbestehende depressive Symptome mit Antriebsdefiziten, Konzentrationsstörungen, einen der Vitalgefühle, Rückzugstendenzen und Kappung sozialer Kontakte.

Daneben bestehen Wirbelsäulenbeschwerden sowie Kreislaufbeschwerden und Kopfschmerzen.

Aufgrund der psychiatrischen Symptomatik habe sie nach Schulabschluss mit Abitur zwar über einen Zeitraum von 10 Jahren studiert, konnte jedoch niemals einen Studienabschluss erreichen. Sie gehe seit 1996 keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit mehr nach und fühlt sich dazu auch nicht in der Lage.

Der Psychiater untersuchte mich gründlich und befragte mich sehr ausführlich. Zusätzlich bezog er such auf drei Kliniksgutachten, wenngleich die damaligen Kliniksaufenthalte 20 Jahre zurückliegen:

1. rezidivierende depressive Störung
2. Verdacht auf somatoforme Störung
3. Verdacht auf schizoide Persönlichkeitsstörung

Dann zog ich um in eine andere Stadt, das Betreuungsgericht wechselte also. Ein Monat verging, bis das Betreuungsgericht sich meldete.
Zu meiner Überraschung forderte das Gericht eine weitere psychiatrische Begutachtung. Der Psychiater reagierte erst nicht, nach zwei Wochen rief ich an und fragte nach. Ich erhielt endlich einen Termin nach nochmal zwei Wochen.

Möglicherweise war der Psychiater darüber ungehalten, dass ich Druck gemacht hatte, möglicherweise auch, weil ich zu spät zum Termin kam.
Der Psychiater machte mich zur Sau, dass es abenteuerlich war. Er warf mir vor, dass ich keine Therapie mehr machen würde. Sein Ergebnis, dass ich sehr wohl in der Lage sei, meine Rechtsangelegenheiten selber zu regeln, wusste er vorher schon, als ich den Raum betrat. Ich vergaß, Sachen zu erzählen, die wichtig gewesen wären. Aber er fiel mir auch ganz oft ins Wort. Ich kam nicht gegen ihn an, zumal es sehr heiß war, wodurch ich sehr schlapp war.

Das ist einen Monat her. Seitdem kam nichts mehr vom Betreuungsgericht. Letzte Woche versuchte ich anzurufen, niemand geht aber dran (mir wurde gesagt bei der Zentrale, die Dame sei überlastet, da sie zusätzlich eine Kollegin vertrete).

Vor einigen Tagen rief ich den Psychiater an. Er sagte, er habe dem Gericht geschrieben, er halte mich für sehr wohl in der Lage, meine rechtlichen Angelegenheiten alleine zu regeln. Er sagte, er habe ein 17-seitiges Gutachten ans Gericht geschrieben!
Ich sagte ihm vorsichtig, dass ich mich von ihm überrollt gefühlt habe. Daraufhin flippte er aus und brüllte mich an, dass ich fassungslos war.

Wenigstens hat die Dame vom Gesundheitsamt in der neuen Stadt, die sich mit mir auch unterhalten hat, die Betreuung weiter empfohlen. Das erzählte mir meine ehemalige Betreuerin.

Ich fürchte aber, dass der Psychiater mich reingeritten hat. Denn das Betreuungsgericht hatte vor dem Gutachten geschrieben, dass danach entschieden wird.

Ich hatte nach der Begutachtung eine Beschwerde gegen den Psychiater erwogen, war aber bis jetzt zu antriebsschwach.

Welche Tipps habt ihr für mich, das Betreuungsverfahren doch noch durchzukriegen?

Viele Grüße, Roobarb

P.S.
Die rechtlichen Sachen, die noch offen sind:

* Meine ganzen Möbel und ein Großteil meiner Sachen lagert noch in der alten Wohnung in zwei Kellerräumen. Die Frau vom Sozialamt bearbeitet nicht die Kostenvoranschläge für den Umzug.

* Stundungsantrag beim Bafögamt (geht nicht, weil ich meine Kundennummer nicht weiß. Sie liegt in irgendeiner Umzugskiste)

* Die GEZ hat mir schon eine Rechnung geschickt und meinen Befreiungsantrag ignoriert. Das Problem ist vermutlich dasselbe: Meine Kundennummer liegt in irgendeiner Umzugskiste. Foglich können sie mich nicht zuordnen.

* Die Techniker hat mir Mahnungen geschickt. Das Sozialamt hat offenbar nicht die richtigen Beiträge überwiesen.

* Meine jetzige Wohnung ist zu teuer. Das Sozialamt hat mich jetzt schon aufgefordert, eine günstigere Wohnung zu suchen.

Die vielen Behördensachen machen mich so fertig, dass ich mich zurzeit kaum rühren kann.

Viele Grüße, Roobarb


zuletzt bearbeitet 06.08.2017 18:10 | nach oben springen

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